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Über M&K

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matthaei & konsorten

performing arts & diskursproduktion

Unter dem Label „matthaei & konsorten“ sind seit 2000 mehr als 50 Arbeiten vielfältiger Ausrichtungen entstanden:

Von Inszenierungen für die Bühne, über Installationen & Diskursproduktionen bis hin zur Entwicklung neuer Formate für urbane Landschaften, welche seit einigen Jahren einen Schwerpunkt der Arbeit ausmachen, der fortwährend weiter entwickelt wird.

Dementsprechend kann man Inszenierungen von matthaei & konsorten an allen Orten begegnen, welche auch im Leben ihrer Akteure oder Besucher vorkommen:

Von der Blindenanstalt aus dem 19. Jahrhundert, durch die Hinterhöfe, Küchen & Wohnzimmer von wohlhabenden oder prekarisierten Innenstadt-Bewohnern, zum fast leergezogenen über 600jährigen Dorf direkt an der Lärmschutzwand des Flughafens; von der Pathologie aus der Zeit, als die Stadt wild wucherte, zum Showroom des Luxusappartment-Projekts auf dem Mauerstreifen, zum Asylbewerberheim am Industriehafen kurz vorm Balkan, bis hin zum verlassen vor sich hin dämmernden Freizeitpark des untergegangenen politischen Systems; von Keller, Dachboden & Logen des alten Theaters zu den verblichenen Suiten des Luxus-Hotels aus den 50ern, als hier noch Könige & Politiker sich breit machten; von Swinger-Club & Line-Dance-Verein bis hin zur Villen-Allee & dann auch wieder in den klar markierten Kunsträumen von Theatern & kulturellen Institutionen.

Die Arbeiten von matthaei & konsorten zeichnen so eine Landkarte der Gegenwart, auf der jedes Projekt einen spezifischen Ort sichtbar macht & einträgt. Dessen Koordinaten entstehen aus der Fokussierung aufs individuelle Leben, die Vielfalt seiner Praktiken, Schönheit des Partikularen & überraschende Verästelungen des Subjektiven – im Schnittpunkt mit seinen äußeren Bedingungen & der allgemeinen Narrationen, in denen sich Gesellschaft ihrer selbst versichert.

In den vielfältigen Formaten wiederkehrendes Element sind Porträts auf verschiedenen Ebenen: Zunächst der Akteure selbst oder von abwesenden Berichterstattern, welche durch Fakes verfremdet oder von Doubles vertreten werden, wodurch das eigentliche umso deutlicher wahrnehmbar wird. Durch diesen mikrologischen Blick aufs Individuelle – in Physis, Sprechen, Erzählungen des Selbst – tritt sodann das Bild eines größeren Zusammenhangs hervor als Porträt der gesellschaftlichen Umgebung & der Zeit, die es grundieren.

Wobei Dokumentarisches mit Fiktionen & Lügen gekreuzt wird, die beide einen hybriden Bastard voller Verschiebungen & Verdichtungen hervorbringen, der dann wieder eingespeist wird in die Realitäten, aus denen seine Bestandteile entstammen. So daß mehrschichtige Interventionen entstehen, zu denen die Besucher als Reisen, Tripps oder Games eingeladen werden, in denen sie sich schnell ebenso involviert finden wie die Akteure selbst, wo die Felder zwischen Inszenierung, präpariertem Material & Realem ebenso verwischen können wie die Rollenaufteilung zwischen Akteur & Beobachter.

Die Inszenierung ist hier nicht ein einstudierter Vorgang, der für Zuschauer wiederholbar gemacht würde, sondern das Angebot einer Situation, in welcher sich dem beobachtenden Mitreisenden umso mehr Facetten eröffnen, je weiter er selbst hineingeht. Woraus sich für alle Beteiligten neue Möglichkeitsräume inmitten des Realen eröffnen – die Codes des Sozialen & die Regeln von Orten werden unterbrochen, sichtbar gemacht, verschoben & können neu geschrieben werden. „Engineering Situations“ anstelle der Abbildung von Wirklichkeiten oder selbst-referentieller Praxis könnte diesen Ansatz vielleicht am besten beschreiben. Wobei die zumeist längere Dauer der Projekte von einigen Stunden bis hin zu mehreren Wochen einen eigenen Realitäts-Effekt hervorruft: Man verbringt tatsächliche Lebenszeit in diesen Räumen, auf diesen Reisen, in diesen Erzählungen, die dadurch Bestandteil werden der eigenen Wirklichkeit.

Dementsprechend können einem in diesen Projekten gelegentlich Schauspieler begegnen, häufiger Tänzer & Musiker oder Künstler anderer Disziplinen – & eine Vielzahl unterschiedlichster Akteure je nach Fokus der aktuellen Arbeit: Von Baum-Spezialisten ohne festen Wohnsitz zu Theoretikern post-humaner Lebenswelten, von der transvestitischen Kunststudentin, die als Schüler im Rotlicht-Viertel arbeitete zur ost-europäischen Schönheitsberaterin, welche ihre Klienten ins billigere Ausland verbringt; von illegalisierten Migranten aus der ganzen Welt, welche als Coaches & Motivations-Trainer den InländerInnen die Regeln des Spiels beibringen, zum Drogen-Fahnder, der als Logen-Vorsitzender in Geheimbünde einweiht & Spastiker, die von Sex träumen; von Kids mit migrantischen Eltern, welche den Mainstream-Besuchern ihres Kiezes die echt-exotischen Orte zeigen, falls diese ihnen Glauben schenken, bis zu Trainern des effektivsten Knock-Outs, lesenden Arbeitern & ehemaligen Bank-Managerinnen.

Eine Mosaik der ganz normalen Gegenwarten, durch die wir uns täglich bewegen, das uns ausmacht. & das hier nicht in vermeintliches Verstehen aufgelöst wird, sondern die produktiven Potentiale des Fremden bewahrt.

 

Alice Fischer, August 2011

 

>> Konsorten Plur. „Mittäter, Beteiligte, Mitschuldige“, im 16 Jh. aus lat. consortes, dem Plural von consors „an etw. gleichen Anteil habend, Teilhaber, Mitgenosse“ entlehnt. Entsprechend zu frühest Consort (Sing.) „Gefährte, Genosse“ (16. Jh.). Die schon im 16. Jh. nachweisbare pluralische Verwendung stammt vermutlich aus der Gerichtssprache, die darunter „Kumpane, Spießgesellen, eine Clique von Mittätern“ versteht, seit Ende des 18. Jhs. bes. in der Fügung „… und Konsorten“ (hinter Eigennamen).

Zu lat. consors gebildetes lat. consortium „Teilhaberschaft, Mitgenossenschaft, Gütegemeinschaft“ ergibt in der Kaufmannssprache Konsortium „Genossenschaft, Handelsgesellschaft, Bankengruppe“ (17. Jh.) <<

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