show content

studio p : ein ort für pathosforschung

hide content

2-jährige Diskursproduktion zu Techniken des Gefühls & sentimentalen Konstruktionen, Psyence Fiction & Metaphysik der Gemeinschaften: monatliche Forschungen mit Gästen & Publikum

staatsbankberlin / Kino Arsenal

INTERVIEW

 

pathos: antik pathos bezeichnet zunächst „das Zustoßende“. In diesem Sinn basiert jede aisthesis auf pathos – ein Reiz muß den Sinnen des Subjekts zustoßen, in es eindringen, damit es etwas sinnlich wahrnehmen kann. Ästhetische Objekte gelangen durch pathos zu ihrer Rezeption – und Existenz. Von hier aus nimmt der Begriff einerseits die Bedeutung von Schicksalsschlag an, andererseits die allgemeine von Affekt, Leidenschaft: Die antike Kunst der Rhetorik begreift unter pathos diejenigen Anteile der Rede, mittels welcher der Redner versucht, solche Emotionen (pathe) in seinen Hörern zu erwecken, daß sie zu seinen Gunsten entscheiden werden. pathos bewegt. In der Poetik der Tragödie bezeichnet pathos den großen Schlag, welcher den Helden leidvoll ereilt und durch den sein Schicksal entschieden wird. pathos ist der Kulminationspunkt, der kraftvoll die tragische Frage stellt: Ob dieses Leiden irgendeinen Sinn haben wird. Beide Künste des pathos teilen sich in zentralen Aspekten dieselben Grundzüge: Sowohl Rhetorik wie auch Tragödie existieren nur in ihrem öffentlich sprachlichen Vollzug, als Performanz. Sodann sind sie kunstvoll gefertigte Konstrukte. pathos ist technische Konstruktion, kein spontaner Ausbruch von Unmittelbarkeit. pathos ist diametral entgegengesetzt dem Kult von Empfindsamkeit als Grundlage und Beweis romantisierender Individualität. Rhetorik und Tragödie sind nicht für den privaten Gebrauch bestimmt. Während die moderne psychologische Sicht aufs Subjekt dessen ureigenste Tiefen, seine individuell verdunkelte Einzigartigkeit ausloten will, basiert pathos auf einem anderen Konzept: Anstelle der vertikalen Achse unseres Mythos’ der Psychologie entfaltet antike Subjektivität ihre Komplexität auf der horizontalen Ebene. In Rhetorik und Tragödie werden Menschen nach äußeren sozialen Kriterien wahrgenommen und auf dieser Grundlage zu erreichen gesucht. In beiden Künsten geht es um die Freisetzung von Kräften, die nach außen hinausgreifen, anstatt im Einzelnen zu gründeln. Sich pathos auszusetzen, mit seinen eigenen Emotionen zu reagieren, heißt auch, sich selbst als Teil einer Gruppe zu erfahren, einer vorgestellten Gemeinschaft oder einer realen Masse von Menschen, die jetzt dieselben Emotionen empfinden, weil sie ähnliche Werte und Ideen teilen. Gleichzeitig bringt das Erleben von pathos zusammen mit anderen diese erst hervor. pathos bestätigt und produziert Gemeinschaft, ethisch und ästhetisch. studio p: eröffnet eine Raum, in dem Künstler verschiedener Sparten, Theoretiker und Praktiker des Emotionalen mit dem Publikum in einen Dialog treten können: An welche Leerstelle knüpft das Bedürfnis nach Großen Gefühlen an? Wie wird es in den jeweiligen Systemen produziert? Warum kann Pathos in Musik überwintern, wieso können Filme uns zu Tränen rühren – und warum kommen sie damit durch? Liegt Pathos wieder im Trend – oder liegt dort Sozialkitsch? After the pop is over: Neue Ernsthaftigkeit? Heutiges Pathos – was kann das sein?

eine Veranstaltungsreihe von matthaei & konsorten & der staatsbankberlin konzipiert & eingerichtet von Jörg Lukas Matthaei & Susanne Vincenz studio p: ein ort für pathosforschung führte seit Januar 2002 folgende Forschungen durch: Juni 03

studio p: die bibliothek für pathosforschung

hybrid-pathetische Installation einer Bibliothek des Pathos zur autonomen Pathosforschung als soziale Skulptur + Eingriff in öffentlichen Raum + Einspeisungen mit lokalen Pathos-Spezialisten + tägliche Weiterarbeit an morphender Struktur aus Restmaterialien des Theaters mit selbsttätiger Baubrigade für die „12. internationalen Schillertage“ am Nationaltheater Mannheim März 03

Mitleid vor der Mattscheibe & die linke Hand des Kanzlers

Thomas A. Schmidt, PR-Manager & Autor Christian Zertz, Film-, TV- & Medienproduzent Februar 03

Bring Your Own Pathos

Künstler & Theoretiker des Pathos stellen Objekte & Diskurse, private Handlungen & öffentliche Erklärungen zur Schau Oktober 02

Tränen im Kino

mit den Filmwissenschaftlern Hermann Kappelhoff Thomas Morsch Michaela Ott & der Redaktion von nachdemfilm.de Juni 02

Talking Ground Zero – Zur Rhetorik des Krieges

Nicolai Albrecht, Filmemacher & Autor Christian Conrad, Komponist & Sounddesigner Kathrin Röggla, Autorin Juni 02

Sehnsucht & Sprawl

Ulrike Kremeier, Kuratorin Leo Faoro, Architekt April 02

Filmreihe „Pathosforschung“

mit dem Kino „arsenal – Freunde der deutschen Kinemathek“ April 02

Vom Film in Worten zum Theater der Rede

Werner Fritsch, Autor Thomas Irmer, Redakteur Februar 02

3x Pathétique & Trauma

Christian von Borries, Dirigent Christian Kupke, Philosoph & Psychopathologe Januar 02

Theater/Tod & apokalyptische Modelle

Detlef Schneider, Kultur- & Theaterwissenschaftler Lorenz Wilkens, Religionswissenschaftler