… Die Inszenierung benutzt Sprache als Material, das deformiert, verstottert, auseinander genommen und neu zusammengesetzt wird wie die Wirklichkeits- und Erinnerungsfragmente in den Träumen, den Blutgerinnseln der Seele. Wenn Freuds Arbeit darin bestand, den Witzen, Assoziationen und Traumerinnerungen eine verborgene Ordnung abzulauschen und das Labyrinth ihrer Rede in eine Sprache der Wünsche und Traumen zu übersetzen, macht Matthaeis Inszenierung genau das Gegenteil: Sie verandelt die Klarheit der Theorie in ein Labyrinth der Bilder und allegorischen Figuren – ein Eintauchen in „das Gehirn und das Herz und die anderen Höhlengänge, wo Gefühle und Gedanken ihren Hexensabbat feiern“ (Beckett, Molloy), und das ist naturgemäß verwirrend, schön und ohne Ausweg.
Peter Laudenbach, tip Nr. 17/00
Das Magische der Sprache steht im Vordergrund, nicht ihre rationale Nachvollziehbarkeit: Wir entwerfen uns in einer nonverbalen Sprache aus Bildern und Symbolen. … Freuds Traumdeutung feiert gerade ihr 100-jähriges Jubiläum. Jörg Lukas Matthaei bedient sich der Struktur dieser „selbsternannten Königswissenschaft zur Erklärung der menschlichen Seele, um die Matrix unserer Bilder und Geschichten zu szenischen Erfahrungen zu verdichten.“ Traumwandlerisch durchschreiten seine Figuren den Raum. Sie träumen den Tod. Mit Video- und Filmprojektionen, Soundgestaltung und Lichteffekten schöpft er eine Wahrnehmungswelt, die es zu entschlüsseln gilt. Durch die sichtbare Technik legt er gleichzeitig die Imaginationsmaschinerie des Theaters offen.
… Matthaei inszeniert das Zwischenreich von Realem und Imaginärem mit unterschiedlichen Stilmitteln, die auch das Theater als Produzent von Bildern und Maskeraden mit in die Symbolik der Psychoanalyse einbeziehen. … Die Schauspieler bewegen sich in einem eigenartigen Bereich zwischen Inszenierung und Realität. Die stotternde Witzeerzählerin stottert auch im richtigen Leben. Die Blinde, die Goethes Faust zititert, ist tatsächlich ihres Augenlichts beraubt. … Der Abend wurde vom Publikum begeistert aufgenommen.
Heide Palmer, Berliner Morgenpost 10.8.00