Freiheit im Karibik-Paradies
Seit 1994 war hier keiner mehr. Keine Fontäne spritzt, vom Wasserpilz plätschert kein kühlendes Nass, kein Whirlpool gluckert, keine der Unterwasser-Massagedüsen sprudelt… Die “Bikini-Bar” wird zur “Bikini-Bibliothek” und ist die Dusche nicht der richtige Ort, am Beispiel einer kleinen Initiative klarzumachen, was es heißt, sich im trockenen Jemen Wasser zu erkämpfen? Eine verfolgte Journalistin in Tunesien, Folteropfer in Brasilien, Abschiebehäftlinge in unserer Stadt, das Recht auf Arbeit oder das auf Eigentum – das Theaterteam setzt dies teilweise auch in direkten Bezug zu Einrichtungen des Schwimmbads, hat für seine Installationen lange Schriftverkehrt mit vielen Institutionen, Menschenrechtsgruppen oder Einrichtungen geführt, der hier dokumentiert und illustriert wird.
Bestechung im Collini-Bad
… Erst ist das Publikum ja irritiert, wenn es in Gruppen eingeteilt wird, eine Rolle zugewiesen bekommt. Aber dann wächst das Interesse, die Begeisterung, steigern sich manche richtig hinein, zu verhandeln und zu formulieren, zu tricksen und zu taktieren – und dabei zu spüren, daß Freiheit anderswo mühsam erkämpft werden muß.
Freie Bahn im Schwimmbecken
… Und die Teilnehmer sind bereit mitzumachen – bei diesem Soft-Skills-Diktatoren-Kindergeburtstag. Eine Kamerafrau zoomt in die Gesichter und überträgt alles auf eine Leinwand. Dann wird abgepfiffen und alle Delegierten des fingierten Gipfels sollen zum Gruppenbild auf die Stufen des Pools. Die Performance scheint baden zu gehen – bis endlich der Knalleffekt kommt: Ben Sendrine wird live angerufen. Die tunesische Journalistin, verfolgt im eigenen Land, erzählt von Haft, Kampf und Diktatur. Man ist in der Realität angekommen.
Mannheimer Morgen, 5., 8., 10. Juni 2005